Wer jedes Jahr wieder die Modeschauen in Paris, Mailand oder New York verfolgt, mag irgendwann den Eindruck gewinnen, dass die Damenmode eine todlangweilige Angelegenheit ist. Da laufen dürre Models über den Laufsteg und präsentieren entweder – prêt-a-porter – Kleidung, die keine Frau ernsthaft anziehen würde, oder Stücke, die so schon all die Jahre zuvor in gleicher Weise präsentiert wurden. Da glauben plötzlich alle, ein Trenchcoat oder ein Cocktailkleid seien das Neuste vom Neuen, obwohl sie sich von den Vorjahresmodellen kaum unterscheiden. Später bei dem Empfängen nach der Modeschau zerreißen sich die Zuschauer Mund darüber, wie phantasielos der Designer sei, der schon seit Jahren nichts Anständiges produziert hat, und schwören sich, dass es mit der Mode immer schneller bergab ginge. Dabei kann Damenmode doch so spannend sei!
Die wirklich aufregende Mode findet nämlich nicht unbedingt dort statt, wo sie von Designern präsentiert und entworfen wird, sondern fern der Laufstege auf Festen, Bällen und selbstverständlich auf der Straße, wo die Damen beim Flanieren ihre Kleider präsentieren. Gerade die festliche Mode bietet allerlei Anlass, seinen modischen Geschmack zu beweisen oder sich zu blamieren. Während der Designer niemals viel riskiert, sondern selbst, wenn er mal wieder nur Unsinn präsentiert, eben etwas "sehr Gewagtes" entworfen hat, riskiert jede Dame den gesellschaftlichen Ausschluss, wenn sie sich in ihrer Garderobe vergreift. Erscheint sie beispielsweise auf einem Ball im Cocktailkleid, dürfen sich ihre Gastgeber zu recht missachtet fühlen, zeigt sie damit doch, dass sie den Ball für keinen großen Anlass hält. Andererseits könnte sie damit auch eine besondere Note setzen. Großer Erfolg und großes Versagen liegen hier bei der Kleiderwahl also nahe beieinander. Das ist wirklich spannend und alles andere als langweilig.
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