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Autor: Leonmedia
Datum: 27.07.2010
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Endlosdebatte: Killerspiel

Nach den Amokläufen von Erfurt und Winnenden waren Medien und Politiker sich schnell einig, die Hauptschuldigen in so genannten „Killerspielen“ gefunden zu haben, die von beiden Tätern angeblich rege gespielt wurden. Seither hat sich die Bezeichnung von Ego-Shootern als „Killerspiele“ eingebürgert und ist zum Teil unseres normalen Sprachgebrauchs geworden. Doch allein schon die Verwendung der Wortbildung „Killerspiel“ stigmatisiert Videospiele generell und verhindert eine unbefangene Diskussion zu dem Thema und schadet damit unserer Gesellschaft.

Dabei sind „Killerspiele“ als solches ein spezifisch deutsches Phänomen, wie bereits eine kurze Suche mittels Google offenbart. Im englischen Sprachgebrauch z.B. treten die äquivalenten Bezeichnungen „killer game“ oder „killing game“ nur vereinzelt auf, anstatt wie in Deutschland eine gesamte gesellschaftliche Debatte zu dominieren. Obwohl aber ausreichend gängige und bereits etablierte Bezeichnungen für Spiele wie Counterstrike, Half-Life, Unreal und Co. existierten (Ego-Shooter, Action-Spiel, ja selbst das stark vereinfachende „Ballerspiel“ ist objektiver als „Killerspiel“), wurde von den Medien stattdessen die Vorverurteilung als „Killerspiele“ aufgegriffen. Warum? Die plausibelste Erklärung ist sicher, dass das einfach reißerischer klingt und die zu vermittelnde Information für den Durchschnitts-Bild-Leser so leichter zu erfassen ist als wenn vom Ego-Shooter gesprochen wird. Dann erspart man sich gleichzeitig auch eine umständliche Erklärung, denn schließlich hat ja jeder ein intuitives Verständnis davon, was ein Killerspiel ist und was nicht, richtig? Auf diese Art kommen dann auch kuriose Artikel zustande, in denen z.B. „World of Warcraft“ als „Killerspiel“ abgestempelt wird. Tatsächlich ist die schwammige Begriffsklärung einer der Hauptpunkte, warum nie eine echte Debatte zu diesem Thema stattgefunden hat, verschiedene Menschen meinen damit schlichtweg unterschiedliche Inhalte.

Durch die Fokussierung der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit auf den Aspekt der Gewaltspiele fällt der Sachverhalt aus dem Blick, dass es sich bei den Amokläufen von Erfurt und Winnenden um Einzelfälle handelt, die eigentlich nur einen Randbezug zum Thema Videospiele aufweisen (den man zudem bei geschätzten 80% der Jugendlichen antreffen dürfte). Nur weil ein einzelner Jugendlicher Waffen aus dem Waffenschrank seiner Eltern entwendet und die Beherrschung verliert, wird hier eine ganze Jugend-Subkultur stigmatisiert und unter Generalverdacht gestellt.

Deutschland ist in Fragen der gesellschaftlichen Akzeptanz von Computerspielen im Vergleich zu den meisten anderen Industrienationen (allen voran Südkorea) rückständig. Um daran etwas zu verändern, sollten wir zunächst unseren Sprachgebrauch überdenken. Es gibt viele Möglichkeiten ein Spiel wie „Counter-Strike“ zu beschreiben. Es wurde an dieser Stelle jedoch hoffentlich ausreichend deutlich, dass „Killerspiel“ die denkbar schlechteste Wahl ist.

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